Sofirn SP10 Pro mit Anduril
Vor einem knappen halben Jahr hatte ich in meinem Review zur Sofirn SP10 V3 angekündigt:
Sofirn SP10 Pro in SonderfarbeDemnächst wird eine Variante mit Anduril-Firmware erscheinen. Etwa die gleiche Hardware, nur mit einem anderen Microcontroller mit programmierbarer open-source Firmware und Kontakten für das Firmwareupdate.
Drei Jahre hat es seit der ersten Planung gedauert, jetzt ist es endlich soweit! Vor zwei Monaten ist relativ unauffällig die neue Sofirn SP10 Pro veröffentlicht worden.
Die Besonderheit
Was macht die SP10 Pro nun so besonders im Vergleich zu anderen Taschenlampen? Sie ist nicht die kleinste oder die hellste AA- oder 14500-Lampe. Auch das Design hat nicht wirklich etwas Aufregendes zu bieten.
Besonders an der SP10 Pro: Sie ist die erste Taschenlampe mit Anduril-Firmware, die mit AA-Akkus/Batterien läuft!
Und was ist das Besondere an Anduril? Es handelt sich dabei um eine Open-Source-Firmware mit so ziemlich jeder Funktion, die man sich vorstellen kann. Und wenn irgendwas doch nicht so funktioniert, wie man es möchte, dann kann man sie (mit den entsprechenden Kenntnissen) einfach umprogrammieren. Also eine Taschenlampe für Nerds.
Außerdem wurde die SP10 Pro unter starker Mitwirkung der Taschenlampen-Community entwickelt. Auch ist sie die erste Taschenlampe, die auf den leistungsstärkeren ATtiny1616 Microcontroller aus der tinyAVR 1-Serie aufbaut.
Vergleich zur SP10 V3
Vieles an der SP10 Pro ist identisch zur SP10 V3, welche ich vor einigen Monaten bereits vorgestellt hatte: Gleiches Gehäuse, gleicher Reflektor, gleiche Samsung LH351D LED mit rund 5000 K.
Laufzeit, Regulierung und Bedienung unterscheiden sich jedoch sehr. Während die SP10 V3 einen recht übersichtlichen Funktionsumfang mit einfacher Bedienung hat, kommt die SP10 Pro mit der Open-Source-Firmware „Anduril“. Über Jahre gewachsen, bietet die Software so viele Funktionen, dass man sie an dieser Stelle gar nicht alle aufführen und erklären kann. Daher verlinke ich besser zur Bedienungsanleitung (auf Englisch), in der alle Einzelheiten beschrieben sind.
Ein paar häufig genutzte oder besondere Funktionen:
- Konfigurierbare Stufen oder stufenloses Ramping
- Diverse Shortcuts
- Ausblinken der Akkuspannung
- Kerzen-Modus
- Diverse Strobe- und Blink-Modi
- Lockout mit konfigurierbarem Momentanlicht
- Diverse Timer für automatisches Sperren, Mode-Memory, Sunset-Mode
Treiber und Laufzeit
Der Stromverbrauch unterscheidet sich ein wenig von der SP10 V3. Auch die maximale Helligkeit ist bei meinem Modell niedriger, was aber auch einer gewissen Serienstreuung unterliegen kann.
SP10 V3 | SP10 Pro | |||
---|---|---|---|---|
Strom | Helligkeit | Strom | Helligkeit | |
Eneloop | 6,4 A | 34% | 7,4 A | 34% |
Sofirn 14500 | 4,7 A | 100% | 3,0 A | 78% |
Der Dynamikumfang der Lampe ist enorm: In der niedrigsten Helligkeit muss man fast schon in die LED schauen, um sie leuchten zu sehen, während im Turbo einige hundert Lumen möglich sind. Dennoch ist das Ramping fließend ohne sichtbare Abstufungen. Ermöglicht wird dies durch den Einsatz von PWM (Pulse-width Modulation) und PFM (Pulse-frequency Modulation). In den niedrigen Stufen wird die Pulsfrequenz reduziert, da reines PWM keine ausreichend kurze Pulse liefern kann. Da sich dies teilweise im hörbaren Bereich abspielt, lässt sich manchmal ein leichtes Fiepen vernehmen. Grafisch dargestellt sieht das dann so aus:
Ausschalt-Bug
Kurz nach Erscheinen der Lampe wurde ein Bug entdeckt, welcher unter bestimmten Umständen zu einem verzögerten Ausschalten oder einem kurzen Blitz beim Ausschalten führte. Meine Analyse hat gezeigt, dass der Ausgang nicht sauber abgeschaltet wurde:
Bug beim Ausschalten: links um eine halbe Sekunde verzögert, rechts mit hellem BlitzSchnell wurde die Ursache identifiziert und von gchart und ToyKeeper ein Patch erstellt, welcher das Problem behebt. Zukünftig produzierte Lampen sollten dieses Problem nicht mehr haben.
Programmieradapter
Natürlich hat diese Taschenlampe für Nerds auch einen Anschluss, um Firmwareupdates zu installieren. Dieses Flashen des Speichers erfolgte früher über einen Anschluss mit 6 Pins (AVR ISP). Bei der neueren tinyAVR1-Serie kommt hingegen UPDI zum Einsatz, welches neben Masse und Versorgungsspannung nur eine weitere Leitung benötigt.
Einen passenden Adapter kann man sich schon für 2 € selbst bauen: Man benötigt neben etwas Werkzeug folgendes Material:
- USB-TTL Konverter (z.B. basierend auf CH340G)
- Irgendeine Schottky-Diode (z.B. BAT43)
- Ein paar Kabel
- Optional, aber empfehlenswert: drei Pogo-Pins
Daraus muss dann folgende Schaltung aufgebaut werden:
Statt vormals AVRDUDE wird mit diesem Programmieradapter das Python-Paket pymcuprog mit folgendem Aufruf genutzt:
pymcuprog -d attiny1616 -t uart -u /dev/ttyUSB0 erase
pymcuprog -d attiny1616 -t uart -u /dev/ttyUSB0 write --verify -f anduril.hex
Mit der aktuellen Version muss der Speicher manuell gelöscht werden, demnächst wird es dazu aber die Option --erase
geben.
Update: AVRDUDE spricht inzwischen ebenfalls UPDI über eine reguläre serielle Schnittstelle:
avrdude -p t1616 -c serialupdi -P /dev/ttyUSB0 -U flash:w:anduril.hex:a
Mit Version 7 oder neuer ist pymcuprog also nicht mehr erforderlich.
Fazit
Endlich eine Lampe, auf welche die Taschenlampen-Community seit Jahren gewartet hat! Klar, es gibt noch viel Potential zur Optimierung (LED, Clip, Größe), aber sie ist aktuell absolut alternativlos, was die Unterstützung von Anduril und NiMH betrifft. Das war nur möglich, weil Sofirn eng mit der Community zusammengearbeitet hat, was bei einem gewinnorientierten Unternehmen nicht selbstverständlich ist.
Wer einen kostengünstigen Einstieg in die Programmierung von Taschenlampen sucht (klingt irgendwie verrückt, ist aber so), sollte sich die Sofirn SP10 Pro unbedingt anschauen.